Die Welt und Bemühungen um Verhinderung eines Krieges im Libanon

(VOVWORLD) - Die schwersten Kämpfe seit fast 20 Jahren zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon bringen das Land an den Rand eines erbitterten, umfassenden Krieges. Unterdessen hat der Konflikt im Gazastreifen schwerwiegende Folgen für die ganze Region verursacht. 

Die Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon hat sich verschärft, seitdem der Konflikt im Gazastreifen zwischen Israel und der islamistischen Bewegung Hamas, einem Verbündeten der Hisbollah, im vergangenen Oktober ausbrach. Beide Seiten stehen nach einer Reihe von Gewalttätigkeiten in den letzten Tagen kurz vor einem umfassenden Krieg.

Umfassende Eskalation

Die ernsthafte Eskalation in der Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah begann am 17. September nach Explosionen von Funkgeräten auf libanesischem Territorium. Diese Funkgeräte werden sowohl von Zivilisten als auch von Hisbollah-Mitgliedern verwendet. Fast 40 Menschen sind bei Explosionen ums Leben gekommen. Mehr als 3000 weitere Menschen wurden verletzt. Auf diesen Vorfall reagierte Israel nicht. Beobachter sagten allerdings, es handele sich um einen direkten Angriff auf die Hisbollah und die Gruppen der sogenannten „Widerstandsachse“, die sich in der Region gegen Israel stellen. Anschließend flog die israelische Armee heftige Luftangriffe auf verschiedene Ziele im Libanon. Nach Angaben des israelischen Militärs hat die Luftwaffe des Landes bis zum 26. September mehr als 1.600 Ziele im Südlibanon und in der Hauptstadt Beirut angegriffen. Mindestens drei hochrangige Kommandeure der Hisbollah wurden getötet.

Noch schlimmer ist, dass diese Luftangriffe fast 700 libanesische Zivilisten das Leben kosteten. Als Reaktion darauf startete die Hisbollah Hunderte von Raketen, unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) und ballistische Raketen gegen Ziele auf israelischem Territorium. Khaldoun Barghouti, ein Experte für die israelischen Angelegenheiten, bewertete dies als eine kalkulierte Eskalation der israelischen Führung im Kontext des festgefahrenen Konflikts in Gaza.

„Die Eskalation des Konfliktes entlang der Grenze zum Libanon hat viele Israelis, darunter auch die Familien israelischer Geiseln, zu der Annahme veranlasst, dass die Frage des Abkommens mit der Hamas vergessen wurde und sich die Aufmerksamkeit nun auf Israels Nordfront und die Truppenverlegung von Gaza in den Norden konzentriert.“

Der Experte Andreas Krieg am Department für Verteidigungsstudien des King's College London sagte unterdessen, dass Israel die Situation im Norden ändern und die Hisbollah-Miliz weit von der Grenze verdrängen wolle, damit die Israelis im Norden nach Hause zurückkehren können. Es handele sich dabei um eine riskante Rechnung, so Andreas Krieg:

„Dies ist eine kostspielige Kampagne, die bestenfalls ihre militärischen und operativen Ziele erreichen wird. Aber es ist schwierig, strategische Ziele zu erreichen, da die Hisbollah nicht aus dem Libanon vertrieben und nicht zerstört wird.“

Fragile Gelegenheit für die Diplomatie

Vor der Gefahr eines umfassenden Krieges, der den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzen könnte, führt die internationale Gemeinschaft dringend diplomatische Kampagnen durch, um den Konflikt zu entschärfen. In der laufenden Gipfelwoche der 79. Sitzungsperiode der UN-Generalversammlung in New York warnten die Staats- und Regierungschefs und Leiter internationaler Organisationen vor einem umfassenden Krieg zwischen Israel und der Hisbollah, der unvorstellbare Folgen für die Region verursachen wird. UN-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte:

„Wir haben einen klaren Aufruf an alle Seiten, das Töten und die Zerstörung zu stoppen, die Rhetorik abzuschwächen und vom Rande eines Krieges Abstand zu halten. Ein umfassender Krieg muss um jeden Preis vermieden werden, denn das wäre definitiv eine totale Katastrophe.“

Der bisher bemerkenswerteste diplomatische Schritt ist der Vorschlag Frankreichs und der USA vom 25. September. Dementsprechend führen die Parteien einen 21-tägigen Waffenstillstand durch, um Zeit für diplomatische Verhandlungen zu schaffen. Dieser Vorschlag wird jedoch von Israel und der Hisbollah nicht akzeptiert. In einer am 26. September veröffentlichten Erklärung kündigte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an, dass die israelische Armee ihre umfassende Offensive gegen die Hisbollah fortsetzen werde. Währenddessen reagiert die Hisbollah noch nicht auf den Vorschlag. Laut Experte Andreas Krieg liegt der Schlüssel zur Entschärfung des Konfliktes im Libanon immer noch in der Beendigung des Konflikts in Gaza. Denn solange der Konflikt in Gaza andauert und die Regierung von Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu weiterhin keine Zugeständnisse in Gaza macht, wird die Hisbollah wahrscheinlich keinen Vorschlag für Verhandlungen oder eine Vereinbarung mit Israel akzeptieren.

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