Nigeria: Doppelt in der Krise
Nigeria steht derzeit im Schatten von religiösen und nationalen Konflikten.
Demonstrationen gegen die Entscheidung der Regierung zur Anhebung des
Brennstoffpreises sind verbreitet. Die gesellschaftliche Unruhe und die Bürgerkriegsgefahr
in Nigeria haben in den vergangenen Tagen die Presse weltweit alarmiert.
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Eine Demonstration in Nigeria. |
Die Demonstrationen in Nigeria haben begonnen, nachdem die Behörde für
Erdölprodukte der nigerianischen Regierung ankündigte, den Brennstoff nicht mehr
zu subventionieren. Dadurch hat sich der Benzinpreis plötzlich verdoppelt. Ein
Liter Benzin im Land kostet derzeit umgerechnet rund 0,96 US Dollar. Nigeria
hat das größte Erdölvorkommen auf dem Kontinent und ist eines der Mitglieder der
Organisation der erdölexportierenden Länder. Trotzdem muss Nigeria viel Geld ausgeben,
um Brennstoff zu importieren. Die Regierung hat berichtet, im vergangenen Jahr
habe das Land bis zu acht Milliarden US Dollar für Subvention von Brennstoffen ausgegeben.
Das Geld zur Subvention des Brennstoffes werde nun in den Ausbau der Infrastruktur
investiert. Aber für die Nigerianer, die meist nur weniger als zwei US Dollar
pro Tag verdienen, ist es eine schlechte Entscheidung. Für sie war dies die einzige
Unterstützung von Seiten der Regierung. Deshalb dauern die Demonstrationen
gegen die Entscheidung der Regierung schon zehn Tage an und haben sich auf das
ganze Land ausgedehnt. Die Demonstranten werfen der Regierung vor, nur Angehörige
der Ober- und der Mittelschicht würden von dieser Entscheidung profitieren.
Hingegen erschwere sie das Leben der armen Menschen. Am Montag sind
Demonstranten und Polizei zusammengestoßen. Dabei wurden Dutzende von Menschen getötet
und verletzt. Ein großer Streik am Montag und Dienstag hat das Land lahm
gelegt. Alle Flughäfen, Tankstellen und Banken waren geschlossen. Auf der
Straße gab es nur die Demonstranten.
Währenddessen eskalierten die nationalen und regionalen Konflikte in diesem
afrikanischen Land. Nigeria hat die höchste Einwohneranzahl im Vergleich zu
anderen afrikanischen Ländern. Der Norden des Landes ist zumeist von Moslems
bewohnt, der Süden hauptsächlich von Katholiken. Die islamistische Sekte Boko
Haram, der Urheber der blutigen Anschläge auf Katholiken im Norden, hat die
Katholiken in einem Ultimatum aufgefordert, den Norden zu verlassen. Bei Selbstmordanschlägen
an Weihnachten wurden in Nigeria mindesten 37 Menschen getötet und weitere 57
Menschen verletzt. Trotz des Verhängens des Notstands wurde Nordnigeria am
vergangenen Mittwoch von drei Bombenanschlägen erschüttert. Die Regierung von
Präsidenten Goodluck Jonathan ist in eine Krise geraten. Sie muss sowohl gegen die
Anschläge der islamistischen Sekte Boko Haram vorgehen, als auch die Folgen des
Streikes landesweit lösen. Nigeria befindet sich in einer schwierigen Lage. Im
Dezember 2010 hatte sich im nordafrikanischen Tunesien der Gemüsehändler
Mohamed el- Bouazizi selbst angezündet, um gegen die Lokalbehörde zu
protestieren. Seine Selbstverbrennung führte zu einer Serie von Protesten und
Aufständen, um eine Verbesserung der Lebensumstände einzufordern. Damit wurde der
so genannte Arabische Frühling in einigen Ländern des Nahen Osten und in
Nordafrika ausgelöst. In Nigeria kann jetzt der Funke der Demonstrationen gegen
den Benzinpreisanstieg zu einem großen Feuer werden. Es ist gut möglich, dass
das Ausbrechen eines großen Feuers durch die religiösen und nationalen Konflikt
gefördert wird. Die islamistische Sekte Boko Haram hat angekündigt, den Kampf
gegen den Staat fortzuführen, bis ein
islamischer Staat gegründet wird. Diese Gruppe will das islamische Gesetz
Sharia in ganz Nigeria verhängen.
Doan Trung