Die Beziehungen Österreich-Vietnam: Aussichtsreiche Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Umwelt

(VOVWORLD) - Die vietnamesische Botschaft in Wien, der Hauptstadt Österreichs, wurde im Juli 1991 eröffnet. Dieses Jubiläum jährt sich heuer zum 30. Mal. Die Gründung der Botschaft war damals auch Ausdruck der zunehmenden Öffnung Vietnams und brachte eine Vertiefung der Beziehung der beiden Staaten mit sich. Dieser Beitrag nimmt das dreißigjährige Jubiläum zum Anlass, um die Bereiche Wirtschaft und Umwelt näher zu erläutern.
Im Rahmen des Austausches des südostasiatischen mit dem mitteleuropäischen Land könnten diese Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Der bisherige ökonomische und ökologische Kontakt ist sehr vielversprechend und lässt auf eine gute Zukunft für gemeinsamen Wohlstand und bessere Lebensqualität hoffen!
Die Beziehungen Österreich-Vietnam: Aussichtsreiche Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Umwelt - ảnh 1Im Beisein der vietnamesischen und österreichischen Regierungschefs haben der vietnamesische Minister für Handel und Industrie Tran Tuan Anh und die österreichische Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Margarete Schramböck am 15.10.2018 in Wien ein MOU zur Zusammenarbeit in elektronischem Handel und Industrie 4.0 unterzeichnet. (Foto: moit.gov.vn)

Zukunftsfähige Investments

Österreich ist ein kleines Land mit 8,9 Mio. Einwohnern,[1] Vietnam hingegen ist mit 98,2 Mio. Einwohnern[2] mehr als zehnmal so groß. Die österreichische Gesamtwirtschaftsleistung ist dennoch in absoluten Zahlen deutlich höher als jene Vietnams. So weist der World Economic Outlook des Internationalen Währungsfonds von April 2021 für Österreich ein Bruttoinlandsprodukt von 481,8 Mrd. US Dollar aus, für Vietnam lediglich eines von 354,87 Mrd. US Dollar.[3] Aus diesen Zahlen wird das Wohlstandsgefälle deutlich. Aufgrund der niedrigeren Personalkosten ist Vietnam für österreichische Investoren aber sehr interessant und die österreichischen Direktinvestitionen belaufen sich mit Stand 2020 auf 170 Mio. Euro, mit starker Ausbaufähigkeit.[4]

Die Wirtschaftskammer Österreich stuft die Attraktivität Vietnams für österreichische Investments als sehr hoch ein und sieht das neue Freihandelsabkommen zwischen Vietnam und der Europäischen Union, deren Mitglied Österreich ist, als stark begünstigenden Faktor. Das renommierte Wirtschaftsforschungsinstitut “Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche” (WIIW) führt allerdings als mögliches Hemmnis an, dass viele europäische Firmen aufgrund der langanhaltenden Grenzschließungen während der Coronakrise in Zukunft geographisch nähere Standorte für ihre Investments wie den Balkan bevorzugen könnten. Diesen Trend nennt man “Nearshoring”[5] und es wird eine Zukunftsaufgabe Vietnams sein, durch zusätzliche attraktivierende Maßnahmen das Vertrauen der Investoren zu erneuern.

Österreich verfügt über eine hochentwickelte und leistungsstarke Industrie mit beachtlichen 250 Weltmarktführern in ihrer Produktkategorie.[6] Viele dieser Betriebe, von denen manche potenzielle Investoren für Vietnam sein könnten, haben allerdings ihren Schwerpunkt nicht in der Hauptstadt Wien, sondern in den Bundesländern. Besonders wichtige Zentren der Industrie sind Linz (Oberösterreich), Leoben (Steiermark) und Wiener Neustadt (Niederösterreich). Die Konzentration diplomatischer Aktivitäten auf die Hauptstadt Wien ist in Österreich verlockend aufgrund des reichhaltigen Kulturlebens der “Welthauptstadt der Musik”, der Anwesenheit wichtiger Institutionen der UNO und praktisch aller wichtiger politischen Einrichtungen der Republik Österreich. Vietnamesische Wirtschaftsdiplomatie mit Konzentration auf die Hauptstadt Wien wäre aber weniger erfolgsversprechend als eine Strategie, die auch die österreichischen Bundesländer einbindet. Möglicherweise könnte eine Einbindung der wichtigen Industriezentren über Honorarkonsulate, aber auch verstärkte Veranstaltungs- und Netzwerktätigkeit vor Ort bei der Investorensuche sinnvoll sein. Andere asiatische Länder nutzen das Instrument von Business Associations, um Investorenkonferenzen und Wirtschaftsforen in Österreich zu organisieren und hier gibt es trotz positiver Ansätze noch einen deutlichen Nachholbedarf vietnamesischer Public Relations. Das österreichische Außenwirtschaftszentrum in Ho Chi Minh City verfügt mit dem “Austrian Showcase” über eine prominente Veranstaltungsreihe für die Präsentation österreichischer wirtschaftlicher Leistungen vor Ort in Vietnam.

Die Beziehungen Österreich-Vietnam: Aussichtsreiche Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Umwelt - ảnh 2Obst aus Vietnam wird verstärkt in die EU exportiert. (Foto: Dong Ha/Plo.vn)

Intensive Handelsbeziehungen mit großen Chancen

Österreich und Vietnam pflegen intensive Handelsbeziehungen. Österreich kaufte 2019 vietnamesische Produkte im Wert von 997,2 Mio. Euro, also um fast eine Milliarde Euro. Umgekehrt kaufte Vietnam im selben Jahr österreichische Waren im Wert von 254,4 Mio. Euro, also um etwas mehr als eine Viertelmilliarde Euro. Der Handelsbilanzüberschuss ist für Vietnam stark positiv. Österreich kauft aus Vietnam vor allem Elektronik, besonders Mobiltelefone, Schuhe und Textilien sowie Lebensmittel wie Cashewnüsse oder Zitrusfrüchte, die im kühlen mitteleuropäischen Klima nicht angebaut werden können, aber in der Bevölkerung sehr beliebt sind. Vietnam wiederum kauft aus Österreich sehr hochentwickelte Produkte ein und nützt damit zum Beispiel die Stärke der österreichischen Industrie im Maschinenbau. Die Exporte Österreichs nach Vietnam sind 2020 aufgrund der Coronakrise insgesamt um 9.9% eingebrochen, einzelne Bereiche wie österreichische Produkte der Medizintechnik erlebten 2020 aber sogar einen Verkaufsboom.

Kooperation im Bereich Umwelt – auf dem Weg zu einer “grünen Partnerschaft”

Die vietnamesische Wirtschaft ist sehr dynamisch und weist hohe Wachstumsraten auf. Das reale Wirtschaftswachstum Vietnams lag 2018 bei 7,1% und 2019 bei 7,0%. Vietnam gehört zu den wenigen Staaten weltweit, die im Jahr 2020 trotz der Coronakrise ein positives 

Wirtschaftswachstum verzeichnen. Dieses lag 2020 bei immerhin 2,9% und für 2021 bestehen sehr positive Aussichten.[7]

Die vietnamesische Regierung verzeichnete große Erfolge in der Bekämpfung der Ausbreitung von Covid-19. Diese Erfolge haben Vietnam weltweit Respekt und Aufmerksamkeit eingebracht. Sogar österreichische Tageszeitungen, die sich sonst kaum mit asiatischen Fragen befassen, haben über den erfolgreichen “vietnamesischen Weg” in der Coronakrise berichtet.[8]

Bedauerlicherweise hat der große Wachstumserfolg Vietnams auch eine negative Seite, nämlich bedenkliche ökologische Auswirkungen.[9] Es gibt Probleme bei der Abgassituation von Mopeds, der Entsorgung von Abwässern und der Abholzung von Wäldern. Die Belastungen der Umwelt könnten sich negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken, aber auch langfristige wirtschaftliche Schäden verursachen, legen doch gerade Touristen aus Europa großen Wert auf die intakte Natur. Es wird eine große Herausforderung Vietnams sein, die Dynamik seines wirtschaftlichen Wachstums zu bewahren und damit Wohlstand zu generieren und gleichzeitig trotzdem seine wunderschönen und reichen Naturschätze zu pflegen und zu erhalten.

Bei dieser Aufgabe kann Österreich womöglich helfen. In Österreich findet man eine gegenteilige Situation vor. Die Bevölkerung hat laut Meinungsumfragen eine hohe Zufriedenheit mit der Umweltsituation in Österreich bei gleichzeitig hohem Umweltbewusstsein. Dieses Umweltbewusstsein ist für weite Teile der Bevölkerung bei Einkaufsgewohnheiten oder Mobilitätsverhalten handlungsleitend.[10] Korrespondierend zur Wichtigkeit, die das Thema für die Bevölkerung hat, entwickelte die Politik, die Wirtschaft und die Wissenschaft des Landes eine hohe Kompetenz rund um die Themen “Leben” und “Natur”. Österreich ist in vielen biologierelevanten Themenfeldern international führend, das gilt für biologische Landwirtschaft[11] ebenso wie für Umwelttechnik[12] und Life Science.[13] Es gibt ebenfalls großes Know How im Bereich urbane Technologien.[14] Es ist eine wichtige Aufgabe österreichisch-vietnamesischer Diplomatie, Technologietransfers und Wirtschaftsbeziehungen in diesem Feld zu begünstigen und die Begründung einer langfristigen "grünen Partnerschaft" zwischen Österreich und Vietnam in Erwägung zu ziehen.

Die Beziehungen Österreich-Vietnam: Aussichtsreiche Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Umwelt - ảnh 3Österreich kann Vietnam bei Umweltschutz und Erhaltung von Naturschätzen helfen. Im Bild ist eine Höhle im Nationalpark Phong Nha - Ke Bang in Vietnam, der von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt wurde. (Foto: Kinhtemoitruong.vn)
Nationalparks, Zoos und Tiere als Anknüpfungspunkt der österreichisch-vietnamesischen Beziehungen?

Im Rahmen einer solchen “grünen Partnerschaft” sind viele Initiativen zur Intensivierung der Beziehungen von Vietnam und Österreich denkbar. Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt, aber besonders Nationalparks und Zoos bieten sich für Kooperationsprojekte an. Beide Länder sind weltweit für ihre Naturschönheiten berühmt. Die Nationalparks Vietnams stoßen in Europa auf großes Interesse, was sich zum Beispiel in spannenden TV-Dokumentationen widerspiegelt. Auch Österreich besitzt berühmte Nationalparks, zum Beispiel den Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich oder den Nationalpark Donau-Auen, der sich entlang der Donau von Wien über Teile Niederösterreichs bis zur Grenze des Nachbarlandes Slowakei erstreckt. Könnte hier eine Chance bestehen, in internationalen Forschungsprojekten oder Wissensaustausch voneinander zu lernen? Aktivitäten von Nationalparks und Zoos können das Umweltbewusstsein der Bevölkerung durch pädagogische Maßnahmen auf jeden Fall erhöhen.

Österreich besitzt eine Vielzahl von Zoos. Der berühmteste ist der Tierpark Schönbunn, der auch der älteste Zoo der Welt ist. Die österreichisch-japanischen Beziehungen haben 2019 einen starken positiven Impuls erfahren, weil dem Tierpark Schönbrunn erstmals die Nachzucht des japanischen Kaiserfalters – der Schmetterling ist in Japan eine Art Nationaltier – in Europa gelungen ist. Es ist vorstellbar, dass auch in Bezug auf Vietnam ähnliche Projekte möglich sind.

Zum Abschluss ein amüsanter Gedanke zum bewussten Einsatz von Tieren in der Diplomatie. Ein anderes asiatisches Land, China, verteilt Pandabären als beliebtes Mitbringsel zur Schaffung von internationalem “good will” und auch Österreich hat für den Tierpark Schönbrunn bereits Pandabären erhalten, die im ganzen Land sehr bekannt und beliebt sind. Man spricht sogar schon von einer “Pandadiplomatie”. Könnte auch Vietnam mit seiner reichen Tierwelt eine ähnliche Strategie einsetzen? In Österreich werden Elefanten auf jeden Fall als lustige und besonders exotische Tiere angesehen und sie sind besonders bei Kindern sehr beliebt.

Ausblick

Österreich und Vietnam haben einander in den Bereichen Wirtschaft und Umwelt viel zu geben. Gerade aufgrund ihrer Verschiedenheit ergänzen sich die ökonomischen und ökologischen Strukturen der beiden Länder wie die beiden entgegengesetzen Hälften eines Medaillions. Investments, Handel und eine mögliche "grüne Partnerschaft" haben enormes Zukunftspotenzial zum Wohle beider Völker.


Quellen:

[1] Statistik Austria 2021, https://pic.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/index.html

[2] Wirtschaftsbericht Vietnam 2021 der Außenwirtschaft Österreich, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/vietnam-wirtschaftsbericht.pdf

[3] Länderprofuile des Internationalen Währungsfonds, https://www.imf.org/external/datamapper/profile/

[4] Wirtschaftsbericht Vietnam 2021 der Außenwirtschaft Österreich, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/vietnam-wirtschaftsbericht.pdf

[5] Presseaussendung des WIIW, https://wiiw.ac.at/press-release-nearshoring-potential-in-the-western-balkans-german-pnd-94.pdf

[6] ABA – Invest in Austria, https://investinaustria.at/de/blog/2019/12/hidden-champions-oesterreich.php

[7] Wirtschaftsbericht Vietnam 2021 der Außenwirtschaft Österreich, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/vietnam-wirtschaftsbericht.pdf

[8] Bericht in der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“, https://www.derstandard.at/story/2000122023317/internationale-strategien-gegen-corona-leben-ohne-babyelefanten

[9] Deutsches Institut für internationale Zusammenarbeit, https://www.liportal.de/vietnam/ueberblick/#c663

[10] Quelle: Statistik Austria, https://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_umwelt_innovation_mobilitaet/energie_und_umwelt/umwelt/124982.html

[11] https://www.bmlrt.gv.at/land/bio-lw/zahlen-fakten.html

[12] ABA- Invest in Austria, https://investinaustria.at/de/sektoren/umwelttechnik/

[13] Viennea Biocenter, https://www.viennabiocenter.org

[14] Autrian Institute of Technology, https://www.ait.ac.at/themen/integrated-digital-urban-planning

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