Die EU lockert Umweltregeln für die Landwirtschaft

(VOVWORLD) - Wegen der Proteste der Landwirte vieler europäischer Länder seit Jahresanfang und der Besorgnis um deren Auswirkungen auf die europäische Parlamentswahl im Juni hat die europäische Union die Umweltregeln für die Landwirtschaft gelockert. 
Die EU lockert Umweltregeln für die Landwirtschaft - ảnh 1(Beispielfoto: AFP/VNA)
Die Landwirtschaftsminister der EU-Länder haben am Montag mitgeteilt, dass die EU neue Importbeschränkungen auf bestimmte Agrarprodukte aus der Ukraine verhängt hat. Das ist die jüngste Handlung, die einen Kompromiss der EU mit den Bauern signalisiert. 

Landwirtschaft wird Priorität
Diese Importbeschränkung ist nur eine von zahlreichen Aufforderungen der Landwirte in der EU gegenüber der Europäischen Kommission. Die EU-Kommission will das Interesse der Landwirte in der EU steigern. Stärkere Aufforderungen sind die Lockerungen der Umweltauflagen und der Politik gegen den Klimawandel, die die Landwirte als Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit der europäischen Landwirtschaft bezeichnen.
Am 26. März haben die Landwirte den größten Sieg seit Jahresanfang gewonnen, als die Europäische Kommission zahlreiche Umweltregeln in der gemeinsamen Agrarpolitik der EU gelockert hat. Bisher sind Bauern beispielsweise dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Ackerfläche brachzulegen oder unproduktiv zu nutzen. Die Kommission hat nun vorgeschlagen, dass dies nur noch freiwillig gemacht werden soll. Die Europäische Kommission hat auch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur verschoben. Nach dem neuen Gesetz sollen bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU wiederhergestellt werden. Laut der ungarischen Landwirtschaftsministerin Aniko Raisz muss die EU realistisch im Streben der Ambitionen für Umweltschutz sein.
„Die Landwirtschaft ist ein sehr wichtiger Bereich, nicht nur in Ungarn, sondern auch in allen anderen europäischen Ländern. Deshalb denke ich, dass wir realistisch beim Streben nach Zielen für den Umweltschutz sein sollten. Wir müssen auf alle Bereiche und Faktoren achten, damit wir diese Ziele erreichen können.“
Auch die Regierungen vieler europäischer Länder haben eine neue Politik zur Deckung der Forderungen der Bauern erlassen. In Frankreich hat der Senat Ende März mit einer Abstimmung gegen die Ratifizierung des Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada protestiert.
In Spanien hat die Regierung des Premierministers Pedro Sanchez Anfang Februar das Gesetz zur Lebensmittelkette verabschiedet. Demnach wird der vier Milliarden Euro schwere Hilfsfonds für Landwirte von 2022 verstärkt durchgeführt. Auch in Italien, Portugal, Griechenland, Belgien und Polen haben Bauern ähnliche finanzielle Hilfen angeboten.
Frage der Wahl
Bauern machen lediglich 4,2 Prozent der Arbeitskräfte der EU aus und die Landwirtschaft trägt lediglich 1,4 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der EU bei. Deshalb können Bauern theoretisch keinen großen politischen Druck ausüben. Jedoch hat die Landwirtschaft traditionell große Einflüsse auf die Gesellschaft in Europa und wird als Teil der europäischen Kultur bezeichnet, so der Experte der Forschungsstiftung Bruegel, Simone Tagliapietra.
Genau darum sind die europäischen Regierungen besorgt. Denn die rechtsextremen und populistischen Parteien können die Unzufriedenheit der Bauern ausnutzen und zur Unterstützung der Bevölkerung bei der europäischen Parlamentswahl Anfang Juni aufrufen. Ein Bericht des Europäischen Ausschusses der Regionen im März zeigte, dass in ländlichen Gebieten der EU die rechtsextremen und populistischen Parteien viel mehr als in anderen Gebieten unterstützt werden. Dazu der belgische Landwirtschaftsminister David Clarinval:
„Wir müssen einige Fragen genau verfolgen, wie beispielsweise hohe Materialienpreise, Extremwetter und niedriges Einkommen der Bauern. Wichtig ist auch die Umsetzung der kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen, um ein nachhaltiges Produktionsmodell zu fördern. Es kann dem Lebensmittelsystem der EU helfen, Krisen besser durchzustehen.“
Beobachtern zufolge ist die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Umweltambitionen und wesentlichen Interessen der Bauern in der EU eine größere Herausforderung für die EU. Die Zugeständnisse der Europäischen Kommission und der Regierungen der EU-Mitgliedsländer gegenüber den Bauern werden von Umweltorganisationen als Rückschritt bei der Bekämpfung des Klimawandels bezeichnet. Eine weitere schwierige Frage für die EU ist das EU-Gesetz zum weltweiten Waldschutz. Dieses Gesetz wird voraussichtlich Ende dieses Jahres in Kraft treten. Aber 20 von insgesamt 27 EU-Ländern wollen es verzögern.

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