EU-Türkei-Beziehungen: Erneute Meinungsverschiedenheiten

(VOVworld) – Die angespannten Beziehungen zwischen der EU und der Türkei haben sich in den vergangenen Tagen weiter verschlechtert. Das Misstrauen und Zweifel sind Gründe, warum beide Seiten keine gemeinsame Stimme haben, die Zusammenarbeit zur Lösung regionaler und internationaler Fragen zu erreichen.

 

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Das EU-Parlament hat am 26. November dafür gestimmt, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren. Grund dafür ist die Verletzung grundsätzlicher Menschenrechte durch die türkische Regierung. Angesichts der Repressionen gegen Oppositionelle in der Türkei erwägt die EU Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei.

Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt

Nach der Entscheidung des EU-Parlaments forderte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die EU auf, ihre „Grenzen“ bei der Kritik anderer Staaten einzuhalten. Die türkische Regierung sei dafür verantwortlich, das Land zu leiten. Die EU dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Türkei einmischen. Der türkische Präsident ließ die Fragen offen, ob der Ausnahmezustand nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei verlängert und die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert werde. Die Türkei will 2017 eine Volksabstimmung zum EU-Beitritt abhalten. Zuvor hatte Erdogan gedroht, die Grenze für Flüchtlinge wieder zu öffnen.

Es ist nicht schwer, die Reaktion der Türkei zu verstehen, nachdem das EU-Parlament die Entscheidung zum Einstellen der EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei getroffen hat. Die Türkei stellte 1987 den Aufnahmeantrag für einen Beitritt in die EU. Die Beitrittsverhandlungen wurden allerdings erst im Jahr 2005 begonnen. In den vergangenen elf Jahren hat dieser Verhandlungsprozess zahlreiche Hindernisse überwunden. Inzwischen haben sich beide Seiten in wenigen von zahlreichen Punkten geeinigt.

Sollte die Türkei der EU beitreten, wird das Land Privilegien in Wirtschaft, Handel, Finanzen, Investitionen und der Sozialfürsorge aus der EU erhalten. Der Grund, warum die EU die Türkei auch nach vielen Jahren noch nicht aufgenommen hat, ist, dass die Türkei ein durch den Islam geprägter Staat ist. Die Zollunion fürchtet, dass ein islamischer Staat als EU-Mitglied zu Unruhen in anderen gesellschaftlichen Verbindungen in der Union führen könnte. Seit dem Flüchtlingsstrom nach Europa ist die EU allerdings auf die Zusammenarbeit mit der Türkei bei der Lösung dieser Frage angewiesen. In der Tat ist die Türkei das größte Transitland für Flüchtlinge aus dem Nahen Osten. Im Gegenzug will die Türkei Initiativen fördern, damit Ankara bald EU-Mitglied werden kann. Dass die EU inländische politische Maßnahmen der türkischen Regierung nach dem gescheiterten Putschversuch kritisiert, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Gefährliche Folgen

Die Türkei braucht ihrem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zufolge einen EU-Beitritt "nicht um jeden Preis". Stattdessen könne sich sein Land einem Sicherheitsblock asiatischer Staaten um China und Russland anschließen. Zur der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) mit sechs Mitgliedern gehören Russland und China, zwei Gegengewichte der EU. Das ist nicht nur eine Drohung der Türkei. Denn Ankara wird 2017 das Gastgeberland des “SCO-Energie-Club” sein. Damit wird die Türkei als erstes Nicht-Mitgliedsland dieses Ereignis veranstalten. Seit langem ist die Türkei ein SCO-Dialogpartner. China respektiert die Verstärkung der Zusammenarbeit mit der Türkei.

Dass die Türkei auf den EU-Beitritt verzichten und der SCO beitreten könnte, wird der EU Sorgen machen. Die Türkei besitzt eine wichtige strategische Position und liegt an der Grenze zur EU. Sollte die EU nicht mit der Türkei zusammenarbeiten, würden weitere Flüchtlingswellen nach Europa strömen. Die EU-Länder wären dadurch nicht in der Lage, die Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Außerdem verbessern sich die Beziehungen zwischen Ankara und Moskau, nachdem die Türkei russische Langstrecken-Flugabwehrraketen vom Typ S-400 kaufte. Dies wird Europa nachdenklich stimmen. 

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