Laut dem vorläufigen Ergebnis, das von der britischen Wahlkommission am Freitag bekannt gemacht wurde, erhielt die Labour-Partei 40 Prozent der Stimmen. Dies entspreche etwa 410 der 650 Sitze im Unterhaus. Die regierenden Tories hätten nur 140 Sitze erhalten. Für sie ist es aber das schlechteste Ergebnis in ihrer fast 200-jährigen Geschichte.
Vorhersehbares Ergebnis
Laut den Ergebnissen mehrerer Umfragen in den vergangenen zwei Jahren in Großbritannien wird die Labour-Partei die konservativen Tories bei der Parlamentswahl besiegen. Deswegen ist das heutige Wahlergebnis keine Überraschung. Beobachtern zufolge gibt es mehrere Gründe für die Niederlage der konservativen Partei. Zuerst hat der ehemalige Premierminister David Cameron die Umfrage zum EU-Austritt des Vereinigten Königreichs Brexit im Jahr 2016 gestartet. Der Brexit hat Großbritannien in eine Reihe von Folgen gestürzt, darunter den Bruch der Beziehungen zur EU und wirtschaftliche Schäden. Auch der Machtkampf um die Parteiführung führte dazu, dass Großbritannien innerhalb von drei Jahren vier Premierminister wechseln musste. Außerdem haben die schlechte Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und die Skandale das Ansehen der Konservativen verschlechtert. Dazu sagt Professor Mark Shanahan an der Universität Surrey.
„Ich bin mir nicht einmal sicher, ob der Aufstieg der Labour-Partei spektakulär ist. Ich denke, dass die Konservative Partei spektakulär fällt und wir einfach das Ende eines Wahlzyklus erreicht haben. Seit 14 Jahren haben wir eine Abfolge von Führern von David Cameron über Theresa May, Boris Johnson, Liz Truss bis hin zu Rishi Sunak und die Dinge haben sich nicht verbessert. Die allgemeine Stimmung im Land ist, dass es Zeit für einen Wechsel ist.“
Dem Professor für Politik an der Queen Mary University in London, Tim Bale, zufolge musste der amtierende Premierminister Rishi Sunak ein negatives Erbe von seinen Vorgängern in der Konservativen Partei übernehmen. Wegen seines "Partygate"-Skandals während der Covid-19-Pandemie hat der ehemalige Premierminister Boris Johnson das Ansehen sowie die Solidarität in der konservativen Partei verschlechtert. Und Ex-Premierministerin Liz Truss, die mit ihrer Finanzpolitik den Markt Großbritanniens ins Chaos gestürzt hat, musste nach 49 Tagen im Amt zurücktreten.
Welche Änderungen stehen in Großbritannien bevor?
Für die Labour-Partei ist das Ergebnis bei der diesjährigen Parlamentswahl der größte Sieg in ihrer Geschichte. Damit kann sie wieder an die Macht kommen. Die Labour-Partei hat versprochen, eine Politik umzusetzen, die Großbritannien umfassend verändern wird. Der Labour-Chef Keir Starmer kündigte an.
„Die Menschen im ganzen Land haben ihre Stimme erhoben und sie sind bereit für einen Wechsel, um die Politik als Inszenierung zu beenden und zur Politik als öffentlichem Dienst zurückzukehren. Die Wähler haben abgestimmt und es ist an der Zeit, dass wir liefern.“
Beobachtern zufolge ist die zukünftige Aufgabe für die Labour-Partei nicht einfach. Der Professor an der Universität Northumbria in Newcastle, Matthew Johnson, erklärte, mehrere Studien in Großbritannien hätten gezeigt, dass bis zu 75 Prozent der Befragten auf eine Änderung der Politik in Bereichen wie der Reform des Gesundheitssystems, der sozialen Sicherheit und auf ein Grundeinkommen hoffen.
„Was wir im nächsten Jahr sehen können, ist, dass die neue Regierung auf diese Art von Politik zurückgreifen muss, um ihre Popularität zu bewahren. Nichts zu tun, wird im nächsten Parlament einfach nicht funktionieren. Wir müssen jetzt handeln.“
Auch in der Außenpolitik muss die neue Regierung der Labour-Partei viele große Änderungen vornehmen. Darunter sind voraussichtlich die Wiederaufnahme der Beziehungen zur EU, der Aufbau einer neuen Klimapolitik und die Verbesserung der Beziehungen zwischen Großbritannien und anderen führenden Ländern in der Welt.