Vorübergehende Einstellung der Hilfe für Menschen im Gazastreifen: Umstrittene Entscheidung

(VOVWORLD) - Eine Reihe westlicher Länder hat in den letzten Tagen beschlossen, die Finanzierung des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) vorübergehend auszusetzen. Dies ruft große Besorgnis hervor, dass sich die humanitäre Krise im Gazastreifen verschärfen könnte. 
Vorübergehende Einstellung der Hilfe für Menschen im Gazastreifen: Umstrittene Entscheidung - ảnh 1Palästina-Flüchtlinge bekommen Hilfsgüter von UNRWA im Gazastreifen am 28.1.2024. (Foto: AFP)

Das österreichische Außenministerium hat am Montag die vorübergehende Einstellung aller Zahlungen des Landes an das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) angekündigt. Österreich ist das jüngste Land in der Liste von mindestens neun Ländern, darunter die USA, Deutschland, Italien usw., die ihre Unterstützung für das UNRWA einstellen. 

Vorwürfe aus Israel

Die vorübergehende Einstellung der Finanzierung des UNRWA durch viele westliche Länder erfolgte, nachdem Israel letzte Woche einigen UNRWA-Mitarbeiter vorgeworfen hatte, sich am Angriff der Hamas am 7. Oktober letzten Jahres beteiligt zu haben. Der israelische Außenminister, Israel Katz, rief dazu auf, das UNRWA durch andere Organisationen zu ersetzen, die sich auf Frieden und Entwicklung spezialisieren. Er forderte auch Israels Verbündeten auf, die Zahlungen ans Hilfswerk vorübergehend einzustellen. 

Die Vorwürfe Israels lösten sofort harte Kontroversen in der internationalen Gemeinschaft aus. Die USA forderten eine umfassende Untersuchung und sagten, dass sie je nach Ergebnis der Untersuchung die Anwendung zusätzlicher Maßnahmen nicht ausschließe. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, erklärte:

„Wir wollen, dass die Untersuchung umfassend und transparent durchgeführt wird. Und wenn die Ermittlungen die Verantwortlichen identifizieren, wollen wir das auch sehen.“

Auch Deutschland äußerte seine tiefe Besorgnis über die Vorwürfe gegen die UNRWA-Mitarbeiter und begrüßte die Untersuchung des UNRWA. Viele arabische Länder unterstützen die Einleitung einer unabhängigen und transparenten internationalen Untersuchung. Doch äußerten sie ihre Unzufriedenheit mit der Reaktion westlicher Länder und der vorübergehenden Einstellung der Hilfe durch diese Länder für UNRWA. Der ägyptische Außenminister, Sameh Shoukry, sagte:

„Wir sind überrascht über die Entscheidungen bezüglich des UNRWA und der Rhetorik, mit der UNRWA-Mitarbeiter beschuldigt wurden. Ähnliche Aussagen wurden nicht gemacht, um über den Tod von mehr als 26.000 unschuldigen Zivilisten im Gazastreifen zu sprechen, von denen die meisten Frauen und Kinder waren.“

Die Gefahr einer schlimmeren Hungersnot in Gaza

Beobachter befürchten, dass die Hungersnot im Gazastreifen aufgrund der Vorwürfe gegen UNRWA noch schlimmer wird. Laut Jan Egeland, dem Generalsekretär des norwegischen Flüchtlingsrats, sind Kinder im Gazastreifen die größten Opfer der aktuellen Kontroverse. Er rief die Länder auf, Kinder in Gaza nicht nur wegen der Sünden einiger Menschen in eine Hungersnot zu treiben. UNRWA-Chef, Philippe Lazzarini, war der Meinung, dass die Einstellung der Finanzierung durch Länder eine neue Kollektivstrafe gegen die Bewohner im Gazastreifen sei und die humanitäre Hilfe dieser Organisation in der Region bedrohe. UN-Generalsekretär Antonio Guterres bekräftigte seinerseits, neun von den zwölf Beschuldigten seien umgehend entlassen worden, einer sei nicht mehr am Leben und die Identität der beiden anderen werde derzeit ermittelt. Der Chef der UNO sagte ebenfalls, dass eine Einstellung der Hilfe für UNRWA mehr als zwei Millionen Menschen in Gaza und Zehntausende UNRWA-Mitarbeiter in Gefahr bringen würde. 

Der palästinensische Premierminister, Mohammad Shtayyed, betonte die Notwendigkeit, die Ergebnisse der Untersuchung abzuwarten und rief die Länder auf, die Hilfe schnell wieder aufzunehmen:

„Die Einstellung der Finanzierung findet zueinem schwierigen Zeitpunkt statt, da der Internationale Gerichtshof gerade zu einer sofortigen Erhöhung der internationalen Hilfe für den Gazastreifen aufgerufen hat. Und das UNRWA ist für die Hilfe für 1,7 Millionen Palästinenser in Gaza zuständig.“

Statistiken des UNRWA zufolge haben Länder, die die Aussetzung der Finanzierung dieser Organisation ankündigten, im vergangenen Jahr bis zu 70 Prozent des Betriebsbudgets des UNRWA beigesteuert. Der Stopp der Zahlungen durch diese Länder kann UNRWA jederzeit in den Zusammenbruch stürzen. Seit dem Ausbruch des Hamas-Israel-Konflikts am 7. Oktober 2023 hat das UNRWA etwa zwei Dritteln der 2,3 Millionen Einwohner im Gazastreifen geholfen und eine Schlüsselrolle bei den Hilfsaktivitäten in diesem Gebiet gespielt. Unterdessen sind nach Angaben des UN-Ernährungsprogramms vom 23. Januar mehr als 500.000 Menschen in Gaza derzeit mit ernsthafter Nahrungsmittelknappheit konfrontiert. Und die Gefahr einer Hungersnot steigt von Tag zu Tag.
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