Der Gipfel der Gruppe der größten Schwellenländer (BRICS) findet im russischen Kasan statt. (Foto: Reuters)

Unter dem Motto „Stärkung des Multilateralismus für eine gerechte globale Entwicklung und Sicherheit“ nehmen die Staats- und Regierungschefs aus 9 Mitgliedstaaten und über 20 Spitzenpolitiker der Partnerländer sowie Vertreter der internationalen Organisationen am BRICS-Gipfel teil.

Wachsendes Ansehen

Das Motto des Gipfels zeigt die Prioritäten, die das Geberland Russland fördern will. Es handelt sich um drei Hauptthemen, nämlich zwar Politik und Sicherheit, Wirtschaft und Finanzen sowie Kultur und Menschlichkeit. Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Gipfels betonte Russlands Präsident Wladimir Putin, dass die BRICS eine wachsende Rolle in internationalen Beziehungen spiele. Dies werde in allen Aspekten wie Wirtschaft, Geopolitik, Sicherheit und Verstärkung der Zusammenarbeit der Kulturen verdeutlicht. Die steigende Rolle der BRICS habe durch den Anteil dieses Blocks am globalen Bruttoinlandsprodukt und ihre Wachstumsimpulse am deutlichsten dargestellt, so Putin weiter:

„In den vergangenen zehn Jahren kommen mehr als 40 Prozent des Wachstums des globalen Bruttoinlandsprodukts aus den BRICS-Staaten. Laut Statistiken in diesem Jahr liegt das durchschnittliche Wirtschaftswachstum der BRICS-Volkswirtschaften bei 4 Prozent, während das durchschnittliche Wachstum der sieben weltweit führenden Industrieländer bei 1,7 Prozent und das globale Wachstum bei 3,2 Prozent liegen kann.“

Experten zufolge hat die BRICS ihre Strategien mit größerem geopolitischen Einfluss verbessert. Nach dem Gipfel im vergangenen Jahr in Südafrika hat dieser Block weitere vier Mitgliedsländer aufgenommen. Auch die Türkei, Thailand und Kuba haben ihren Wunsch nach dem Beitritt zu dieser Organisation offen geäußert. Die BRICS hat begonnen, über ehrgeizigere Pläne zur Gründung neuer Finanzsysteme und Mechanismen zur Sicherheitskooperation zu diskutieren. Damit wolle der Staatenbund eine ausgewogene Position in einer politisch-wirtschaftlichen Ordnung schaffen, die derzeit von den westlichen Ländern dominiert werde, sagt der Vorsitzende des BRICS-Jugendverbandes in Südafrika, Raymond Matlala:

„Die BRICS ist die Stimme des Globalen Südens in einer multilateralen Institution, die von den Westen dominiert wird. Keine Institutionen oder Organisationen können den Globalen Süden von der derzeitigen Weltordnung befreien. Nur die BRICS mit ihrer starken Stimme und Zusammenarbeit können dies verwirklichen.“

Der russische Wladimir Putin bei einem Ereignis im Vorfeld des BRICS-Gipfels. (Foto: RIA NOVOSTI)

Aufbau einer neuen Strategien

Auf dem BRICS-Gipfel in diesem Jahr haben die Staats- und Regierungschefs über den Aufbau eines neuen internationalen Zahlungssystems diskutiert, das von den aktuellen internationalen Zahlungssystemen unabhängig ist. Dieser Plan ist nicht nur für das Geberland Russland von großer Bedeutung, das seit dem Ausbruch des Konflikts in der Ukraine im Februar 2022 zahlreiche Sanktionen des Westen bekam. Er gilt auch als eine Strategie, die von vielen anderen BRICS-Staaten unterstützt wird. 

Tatsächlich wurde dieses Thema bereits auf dem letzten Gipfel in Südafrika besprochen. Dabei wurde sogar der Aufbau einer eigenen Währung für BRICS erwähnt. Jedoch waren viele Experten der Meinung, dass die BRICS-Staaten im Kontext der politisch-wirtschaftlichen Unruhe auf der Welt bei der Schaffung von neuen Institutionen oder Systemen, die als Gegengewicht zum Westen gelten, vorsichtige Schritte einführen sollten. Dazu die Gründerin der Centre for Russia Europe Asia Studies im belgischen Brüssel, Theresa Fallon:

„In der erweiterten BRICS-Gruppe scheinen zwei Länder Brasilien und Indien den Aspekt der Blockfreiheit innerhalb der Gruppe aufzubauen oder beizubehalten. Hier sollten wir darauf warten, wie die BRICS-Gruppe diese Frage lösen wird.“

Auch die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten wird auf dem Gipfel in Kasan diskutiert. Vor kurzem hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow betont, dass die BRICS die Aufnahme neuer Mitgliedsländer für eine Weile aufhören sollte, um die Organisation zu stabilisieren und die Ziele der Masterstrategie zu bestimmen. Jedoch haben viele Länder ihren Wunsch nach dem BRICS-Beitritt offen geäußert, darunter die Türkei – das NATO-Mitglied und der EU-Beitrittskandidat. Die Aufnahme der Türkei in die BRICS könnte die politische und wirtschaftliche Stärke der BRICS erhöhen. Jedoch muss die Organisation mit einer langfristigen Strategie rechnen, wenn sie eine eigene Position und Identität schaffen, die überwiegend den Interessen des Globalen Südens dienen sollen.