(VOVWORLD) - Nach langer Zeit haben die Europäische Union EU und der gemeinsame südamerikanische Markt Mercosur am 6. Dezember ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Das Abkommen könnte beiden Seiten große wirtschaftliche und politische Vorteile bringen. Jedoch besteht weiterhin die Gefahr, dass das Abkommen bei der Ratifizierung in der EU verhindert wird.
Die Europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Staats- und Regierungschefs der Mercosur-Mitgliedsländer Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay unterzeichneten das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur beim Treffen am 6. Dezember in Uruguays Hauptstadt Montevideo. Damit wurden die schwierigen Verhandlungen abgeschlossen, die über zwei Jahrzehnte dauerten.
Große wirtschaftliche Vorteile
Die EU und Mercosur haben Verhandlungen für das Freihandelsabkommen im Jahr 1999 begonnen. Erst 20 Jahre danach, also 2019, erreichten beide Seiten eine vorläufige Vereinbarung. Jedoch wurde diese in den vergangenen fünf Jahren auf Eis gelegt, wegen der COVID-19-Pandemie und der Proteste der Bauern in der EU, besonders in Frankreich, Belgien und Spanien. Aber seitdem Lula da Silva Anfang 2023 wieder zum brasilianischen Präsidenten gewählt wurde, wurden die Verhandlungen zur Unterzeichnung des Abkommens gefördert. Als Vorsitzender der G20 überzeugte der brasilianische Präsident die EU-Spitzenpolitiker, ihren Standpunkt zu ändern und das EU-Mercosur-Abkommen stärker zu unterstützen.
Beobachtern zufolge eröffnet das Abkommen große Chancen für die EU und Mercosur. Das Abkommen könnte eine der weltgrößten Freihandelszonen schaffen, mit über 720 Millionen Bewohnern und etwa einem Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts. Laut dem Abkommen würden über 90 Prozent der derzeitigen Zölle zwischen beiden Seiten beseitigt. Exportschlager der EU wie Autos, Maschinen, Chemikalien, Telekommunikationsgeräte und Medikamente könnten Zugang zum Mercosur-Markt mit 273 Millionen Einwohnern finden. Umgekehrt könnten sich Landwirtschaftsprodukte und Mineralien der Mercosur-Staaten dem EU-Markt mit über 450 Millionen Einwohnern annähern. Mercosur besitzt viele notwendige Materialien für die Energiewende in der EU wie Lithium und Nickel. Außerdem ebnet das Abkommen den Weg für die EU, sich an Ausschreibungen für öffentliche Investitionsprojekte in den Mercosur-Staaten zu beteiligen. Dazu die Europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen:
„Dieses Abkommen wird die Investitionen der EU in strategische Industriezweige in den Mercosur-Staaten erleichtern, wie in nachhaltigen Bergbau, erneuerbare Energien und nachhaltige Forstwirtschaftsproduktion. Das Abkommen hilft auch den Investitionen in Bereichen wie Strom für ländliche Gebiete und Förderung der Digitalisierung in der ganzen Region.“
Politische Notwendigkeit
Bevor Ursula von der Leyen nach Uruguay am 5. Dezember flog, war der Protest gegen das Abkommen innerhalb der EU noch relativ groß, als Frankreich Polen, Österreich und auch Italien überzeugte, gegen die derzeitigen Artikel des Abkommens zu protestieren. Es ist eine Überraschung, dass die Europäische Kommissionspräsidentin diesen Protest ignoriert und das Freihandelsabkommen mit Mercosur unterzeichnet. Von der Leyen sagte, neben dem wirtschaftlichen Interesse habe das Abkommen große politische Bedeutung. Es sei ein Beweis für die Lebenskraft des Multilateralismus und der globalen Handelsfreiheit.
„Das Abkommen ist nicht nur eine wirtschaftliche Chance, sondern auch eine politische Notwendigkeit. Wir sind Partner mit gemeinsamem Willen. Wir vertrauen darauf, dass Offenheit und Zusammenarbeit Impulse für Fortschrittlichkeit und Wohlstand sind. Ich weiß, dass es Gegenmeinung gibt, aber dieses Abkommen ist unsere klare Antwort.“
Pedro Brites, ein Experte der Forschungsstiftung Getulio Vargas in Brasilien, ist derselben Meinung.
„Mit dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl würden die USA eine geschlossene Politik gegenüber dem internationalen Markt einleiten. Ich denke, dass dies dazu führt, dass die EU und Mercosur Hindernisse beseitigen müssen und das Abkommen unterzeichnen.“
Die größte Herausforderung für das Abkommen ist es, Hindernisse innerhalb der EU zu überwinden, um in Kraft zu treten. Laut den EU-Regelungen ist das Abkommen nur gültig, falls es von 15 von insgesamt 27 Mitgliedsländern mit 65 Prozent der EU-Bevölkerung ratifiziert wird und zugleich die Unterstützung der Mehrheit im Europäischen Parlament bekommt. Frankreich, Polen und Österreich erklärten weiterhin Protest gegen das Abkommen mit den derzeitigen Artikeln. Ihr Grund besteht darin, dass dieses Abkommen große Schäden für die Landwirtschaft der EU verursachen werde. Deshalb sind die Beobachter der Meinung, dass die Europäische Kommission in der kommenden Zeit die Landwirtschaft bevorzugen müsse, um Bauernverbände der Länder zu überzeugen und genug Unterstützung für das Abkommen zu bekommen.