Russland und die Türkei einigen sich auf Waffenruhe in Syrien

(VOVWORLD) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin haben sich am Donnerstag auf eine Waffenruhe in der syrischen Provinz Idlib geeinigt. Die erreichte Vereinbarung hat teilweise die Spannungen zwischen der Türkei und Russland in Bezug auf die Syrien-Frage gemindert und schafft zugleich die Grundlage für den Stopp der Militäraktivitäten in der Region Idlib sowie der zunehmenden humanitären Krise in Syrien. 
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Die türkischen Kräfte in der Kreisstadt Sarmada in der Provinz Idlib am 2. Februar. (Foto: AP)

Der Kompromiss wurde erreicht, als die tatsächliche Lage in der Provinz Idlib noch kompliziert war. Die Türkei setzt die militärische Offensive gegen die syrische Armee fort, die von Russland unterstützt wird. Zuvor hatten sich die russischen und türkischen Beamten drei Mal getroffen. Doch konnten sie keine Maßnahmen zur Entspannung in Idlib finden.

Die Gefahr einer direkten Konfrontation vermeiden

Dem vereinbarten Waffenstillstand zufolge, der sofort in Kraft tritt, werden sich Russland und die Türkei weiterhin für den Anti-Terror-Kampf und die Lösung der humanitären Krise in Syrien einsetzen. Die Türkei hat das Recht, auf alle Angriffe der syrischen Armee zu reagieren, überwacht jedoch nur die Einhaltung der Feuerpause und kontrolliert das syrische Territorium nicht. Die Spitzenpolitiker beider Länder einigten sich auch darauf, einen Sicherheitskorridor von Osten nach Westen durch Idlib einzurichten und ab dem 15. März gemeinsame Patrouillen entlang dieser Straße durchzuführen.

Idlib ist das letzte Gebiet in Syrien, das von pro-türkischen Rebellen kontrolliert wird. Die syrische Armee hat im Dezember 2019 mit der Unterstützung der russischen Luftwaffe eine Offensive zur Rückeroberung von Idlib gestartet und bereits viele wichtige Positionen zurückerobert. Dies hat die Türkei gezwungen, militärisch einzugreifen, um ihren Einfluss auf Idlib aufrechtzuerhalten. Am 1. März schoss die Türkei zwei syrische Flugzeuge in Idlib ab und einen Luftangriff auf einem Militärflughafen außerhalb der Front geführt, wobei 19 syrische Soldaten getötet wurden. Die Türkei hat auch ihre militärische Operationen verstärkt, nachdem dutzende Soldaten dieses Landes bei Luftangriffen in der Vorwoche ums Leben gekommen waren. Bis zum 5. März wurden 57 türkische Soldaten getötet.

Der Konflikt zwischen den pro-türkische Kräften und der syrischen Armee hat zu Spannungen in den Beziehungen zwischen Moskau und Ankara geführt. Auch die Kriegssituation in Syrien wird komplizierter. Die russischen Flugzeuge bombardierten die von der Türkei unterstützten Rebellen. Die Vereinten Nationen haben Russland und die Türkei kritisiert, Kriegsverbrechen durchgeführt und die größte humanitäre Katastrophe seit neun Jahren des syrischen Bürgerkrieges verursacht zu haben. Die Türkei ist der Meinung, dass Russland Tag für Tag intensiver in den Syrien-Krieg eingreife. Russland bekräftigte seinerseits, dass es auf die legale Forderung der syrischen Regierung Truppen nach Syrien entsendet habe. Alle Militärkräfte anderer Länder in Syrien verstoßen gegen das Gewohnheitsrecht und das Völkerrecht, heißt es von der russischen Seite.

Syrien und das Spiel zwischen den Ländern

Unter diesen Umständen hat der erreichte Waffenstillstand erhebliche Auswirkungen auf die aktuelle Situation auf dem syrischen Schlachtfeld. Es ist klar, dass sowohl Russland als auch die Türkei einen direkten Konflikt vermeiden wollen, weil die beiden Länder in Bezug auf den Handel und die Verteidigung enge Beziehungen pflegen. Vor dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Russland übermittelte der Kreml eine Botschaft, in der bestätigt wurde, dass die Zusammenarbeit mit der Türkei für Russland oberste Priorität hat. Ankara betonte seinerseits, dass die beiden Länder die Fehler in der Vergangenheit nicht wiederholen können. Gemeint ist der Zwischenfall im Jahr 2015, als der türkische F-16-Jäger von einem russischen Su-24-Bomber abschossen wurde, was zu einer schlimmen Krise führte. Es gab jedoch einen Grund, warum Ankara näher an Moskau heranrückte. Da die Türkei zuvor die USA vorgeschlagen hat, dieses Land im Luftraum von Idlib zu unterstützen. Der Vorschlag wurde aber von Washington abgelehnt. Stattdessen erklärte Washington, es überlege nur die Hilfe der humanitären Aktivitäten in Idlib.

Eine einheitliche und umfassende politische Lösung zum Stopp des Konfliktes in Idlib hängt derzeit noch von den Hauptakteuren ab, nämlich die syrische Regierung, Russland und die Türkei. Für Syrien ist es die territoriale Integrität, einschließlich Idlib. Für Russland ist die Verstärkung der Einflüsse im Nahostland. Für die Türkei geht es um die Lösung der grenzüberschreitenden Einwanderer, das Sicherheitsrisiko der Kurden und die Bekräftigung ihrer Rolle in Syrien. Die jüngst erreichte Waffenruhe zwischen Russland und der Türkei hat nur teilweise dazu beigetragen, das Risiko einer militärischen Konfrontation zu verringern und die humanitäre Krise in Syrien zu lösen. Der Frieden in Syrien hängt auch stark von den Bemühungen der Parteien am Verhandlungstisch ab, wenn die Interessen aller ausgeglichen sind.

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