Gazastreifen steht vor der Gefahr, in neue Gewaltspirale zu geraten

(VOVWORLD) - Seit mehr als einer Woche hat die israelische Armee groß angelegte Angriffe auf den Gazastreifen wieder aufgenommen. Diese Aktion zerstört nicht nur die fragile Hoffnung auf eine Verlängerung des Waffenstillstands, der in den vergangenen zwei Monaten in diesem Gebiet aufrechterhalten wurde, sondern birgt auch die Gefahr, dass Gaza und den ganzen Nahen Osten in eine neue, gefährlichere Gewaltspirale gestürzt werden. 
Gazastreifen steht vor der Gefahr, in neue Gewaltspirale zu geraten - ảnh 1Ein Junge zwischen der Ruine nach Luftangriffen Israels auf den Gazastreifen. (Foto: Reuters)

Israels Armee hat am 18. März die massiven Luftangriffe im Gazastreifen seit Inkrafttreten einer Waffenruhe im Januar geflogen, bei denen mehr als 200 Menschen getötet wurden. Dies markierte das offizielle Scheitern des am 19. Januar geschlossenen Waffenstillstands.

Eskalation der Gewalt

In einer Erklärung nach dem ersten Luftangriff am 18. März sagte der Sprecher der israelischen Armee, Nadav Shoshani, Israel müsse einen Präventivschlag vornehmen, um zu verhindern, dass die Hamas im Gazastreifen Angriffe gemäß dem Szenario vom 7. Oktober 2023 auf mehrere Orte in Israel plant. Israel wolle außerdem Druck auf die Hamas ausüben, alle Geiseln freizulassen. Die neue Gewaltspirale im Gazastreifen hat verheerende Folgen verursacht. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden innerhalb einer Woche seit der Wiederaufnahme der israelischen Militäroperationen im Gazastreifen mehr als 730 Menschen getötet und etwa 1.300 weitere verletzt.

Auch zahlreiche Mitarbeiter der Vereinten Nationen (UN) und anderer internationaler humanitärer Organisationen sind Opfer geworden. Der Sprecher des UN-Generalsekretärs, Stephane Dujarric, sagte, der UN-Komplex in der Stadt Deir al-Balah sei von einem israelischen Panzer beschossen worden. Dabei seien ein Mitarbeiter getötet und sechs weitere schwer verletzt worden. Am 24. März wurde auch ein Gebäude des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) in der Stadt Rafah südlich von Gaza von der israelischen Armee beschossen. Die Vereinten Nationen haben am 24. März beschlossen, ein Drittel ihrer internationalen Mitarbeiter aus dem Küstengebiet abzuziehen und ihre Aktivitäten im Gazastreifen einzuschränken. Dazu UN-Sprecher Stephane Dujarric:

„Alle Parteien müssen das Völkerrecht einhalten. Alle Staaten müssen alle Maßnahmen umsetzen, um den Konflikt zu beenden und die Einhaltung des Völkerrechts durch diplomatischen und wirtschaftlichen Druck sowie die Bekämpfung der Straflosigkeit sicherzustellen.“

Trotz internationaler Sorge erklärte die israelische Regierung jedoch, sie werde ihre Pläne weiterverfolgen. In den letzten Tagen hat die israelische Armee neben Angriffen auf den Gazastreifen auch Luftangriffe auf mehrere Ziele im Südlibanon und in Syrien durchgeführt. Der Sprecher der israelischen Armee, Nadav Shoshani, erklärte:

„Wir haben verschiedene Pläne für unterschiedliche Szenarien aufgestellt. Wir sind in der Lage, verschiedene Pläne umzusetzen. Wir werden je nach Situation, den Anweisungen unserer Regierung und den Bedingungen vor Ort handeln.“

Bedrohung für den Plan zum Wiederaufbau im Gazastreifen

Die Länder unternehmen umgehend diplomatische Anstrengungen, um einen Waffenstillstand im Gazastreifen wiederherzustellen. Regionalen Quellen zufolge hat Ägypten am 24. März einen neuen Vorschlag zur Wiederherstellung des Waffenstillstands im Gazastreifen vorgelegt. Der ägyptische Plan sieht vor, dass die Hamas jede Woche fünf israelische Geiseln freilässt und Israel nach der ersten Woche eine zweite Phase des Waffenstillstands umsetzt. Der ägyptische Vorschlag enthält auch einen Zeitplan für den vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen, der durch US-Garantien abgesichert ist und im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln gelten soll. Sowohl die USA als auch die Hamas haben dem Vorschlag laut Sicherheitsquellen zugestimmt, eine Reaktion Israels steht jedoch noch aus.

Unterdessen riefen europäische Länder Israel auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagt:

„Die Wiederaufnahme der Verhandlungen ist der einzig gangbare Weg, das Leid auf allen Seiten zu beenden. Gewalt schürt weitere Gewalt. Wir erleben derzeit eine gefährliche Eskalation. Sie verursacht unerträgliche Unsicherheit für die Geiseln und ihre Familien und bringt dem palästinensischen Volk gleichermaßen Schrecken und Tod.“

Plangemäß werden die arabischen Länder und die Vereinten Nationen im April gemeinsam einen Gipfel zum Wiederaufbau des Gazastreifens veranstalten. Der Schwerpunkt des Treffenbesteht darin, einen Mechanismus und einen Fahrplan für die Ausgabe von mehr als 53 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau des Gazastreifens sowie für die Einrichtung eines neuen Verwaltungsapparats in Gaza nach dem Konflikt aufzubauen. Angesichts der erneuten Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen wird es allerdingsfür die am Gaza-Plan beteiligten Parteien jedoch schwierig sein, die Bedrohung der Hamas im Gazastreifen in naher Zukunft vollständig zu beseitigen. Die Beseitigung der politischen Rolle der Hamas im Gaza ist eine der Voraussetzungen, die die USA, Israel und Europa für die Gestaltung der Zukunft Gazas nach dem Konflikt gestellt haben.

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