Die Weltwirtschaft mit der Gefahr der Verlangsamung konfrontiert

(VOVWORLD) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank (WB) haben in der vergangenen Woche in Washington ihre Jahrestagung abgehalten. Die beiden warnten davor, dass die Weltwirtschaft aufgrund der US-Zollpolitik und des weit verbreiteten Protektionismus Anzeichen von Spannungen zeige. 
Die Weltwirtschaft mit der Gefahr der Verlangsamung konfrontiert - ảnh 1Die Generaldirektorin der Welthandelsorganisation, Ngozi Okonjo-Iweala. (Foto: REUTERS/Cecile Mantovani)

Laut dem Weltwirtschaftsausblick (WEO), der vom IWF im Vorfeld seiner Jahrestagung veröffentlicht wurde, wird die Weltwirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um 3,2 Prozent wachsen. Das ist höher als die Wachstumsprognose von 3 Prozent im Juli. Für 2026 wird jedoch eine Verlangsamung des Wachstums auf 3,1 Prozent prognostiziert.

Langfristig schleppend

Der IWF erklärte, die Erhöhung der Wachstumsprognose für dieses Jahr sei größtenteils auf vorübergehende Faktoren zurückzuführen, wie etwa einen Boom der Wirtschaftsaktivität, da Unternehmen und Haushalte ihre Käufe vor Inkrafttreten höherer Zölle verstärken. Ein schwächerer Dollar stütze den Welthandel ebenfalls. Der Bericht betonte jedoch, dass die globalen Wirtschaftsaussichten mittel- bis langfristig weiterhin düster seien.

Der erste Grund ist die Möglichkeit einer Eskalation der globalen Handelsspannungen, nachdem US-Präsident Donald Trump am 10. Oktober angekündigt hatte, ab dem 1. November Zusatzzölle von 100 Prozent auf chinesische Waren zu erheben. Dieser Schritt ist eine Reaktion auf die jüngsten Beschränkungen Pekings für den Export seltener Erden. Obwohl beide Seiten später ihre Bereitschaft zu baldmöglichsten Verhandlungen bekundeten, sind Experten nach wie vor der Ansicht, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und China voller Unsicherheiten sind, was sich negativ auf die mittel- und langfristigen Aussichten der Weltwirtschaft auswirkt. Dazu die Generaldirektorin der Welthandelsorganisation, Ngozi Okonjo-Iweala:

„Unsere Modellrechnungen zeigen, dass jede Art der Entkopplung, die die Welt in zwei Handelsblöcke aufspaltet, langfristig zu erheblichen Verlusten des globalen BIP führen wird. Die Verluste betragen bis zu sieben Prozent und für die Entwicklungsländer könnten die Wohlfahrtsverluste zweistellig sein.“

Darüber hinaus zeigt der IWF-Bericht auch, dass die Wachstumsaussichten für viele große Volkswirtschaften nicht so optimistisch sind. Der IWF prognostiziert, dass sich das Wachstum der US-Wirtschaft in diesem Jahr auf 2 Prozent verlangsamen wird, was einen deutlichen Rückgang im Vergleich zum Jahr 2024 bedeutet, und dass das Wachstum im Jahr 2026 bei 2,1 Prozent liegen wird. Für die Eurozone wird in diesem Jahr ein Wachstum von lediglich 1,2 Prozent und im nächsten Jahr von 1,1 Prozent prognostiziert. Unterdessen wird prognostiziert, dass sich das Wachstum der chinesischen Wirtschaft in diesem Jahr auf 4,8 Prozent und im Jahr 2026 auf 4,2 Prozent abschwächt.

Neue Hoffnungen

Trotz Herausforderungen betonten der IWF und zahlreiche Organisationen auf der Jahrestagung in Washington auch einige Faktoren, die sich als Lichtblicke für das globale Wachstum erweisen könnten. Laut Pierre-Olivier Gourinchas, Direktor der Forschungsabteilung des IWF, war der Boom der Investitionen in künstliche Intelligenz (KI) einer der Faktoren, die dazu beigetragen haben, die Auswirkungen des Zollschocks in der ersten Jahreshälfte zu verringern. Nach Berechnungen des IWF kann KI derzeit zwischen 0,1 und 0,8 Prozent zum globalen Wachstum beitragen. Auch die WTO betonte in ihrem am 8. Oktober veröffentlichten Welthandelsbericht die wachsende Rolle der KI im Welthandel. WTO-Wirtschaftsexperte, Marc Bachetta, sagt:

„Der Handel mit KI-bezogenen Gütern war ein wesentlicher Treiber des starken Wachstums im ersten Halbjahr 2025. Der Handel mit diesen Produkten stieg wertmäßig um 20 Prozent innerhalb eines Jahres und machte damit fast die Hälfte des Anstiegs des Welthandels aus, obwohl sie weniger als 10 Prozent des gesamten Warenhandels ausmachten. Der Anstieg des KI-bezogenen Handels ist auf strukturelle Investitionen in die digitale Infrastruktur, von Halbleitern bis hin zu Cloud-Servern, zurückzuführen.“

Ein weiterer Faktor, der der Weltwirtschaft helfen könnte, in der kommenden Zeit schlimmere Szenarien zu vermeiden, ist laut IWF-Geschäftsführerin Kristalina Georgieva die Entscheidung der meisten Länder, die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle nicht zu vergelten. Darüber hinaus haben viele Länder aufgrund der jüngsten Unsicherheiten im globalen Handel ihre Strategien zur Handelsdiversifizierung verstärkt und streben neue Handelskooperationen außerhalb des US-chinesischen Einflussbereichs an.

Die Europäische Union (EU) versucht nun, dem umfassenden progressiven transpazifischen Wirtschaftspartnerschaft (CPTPP) beizutren und die Handelsverhandlungen mit Indien zu beschleunigen. Diese Strategie der Diversifizierung der Handelspartner wird auch von den südostasiatischen Ländern, Australien, Neuseeland und großen Volkswirtschaften Afrikas gefördert.

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